Bundesfinanzhof zur umsatzsteuerlichen Behandlung der Fahrzeugüberlassung an Arbeitnehmer zu privaten Zwecken

Der BFH hat in seinem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 30. Juni 2022 (AZ V-R 25/21) be­stätigt, dass die (anteilige) Arbeitsleistung eines Arbeitnehmers ein Entgelt für die Fahr­zeugüberlassung zu privaten Zwecken darstellen kann. Er hebt damit das Urteil des FG des Saarlandes vom 29.7.2021 (AZ 1-K-1034/21) auf, das den Vorgang nach einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof (AZ C-288/19, Urteil vom 20.1.2021) als unentgeltlich ge­würdigt hatte und entsprechende Konsequenzen für die Besteuerung gezogen hatte.

Dem Urteil zugrundeliegender Sachverhalt

In dem zu beurteilenden Fall überließ eine luxemburgische Gesellschaft (Klägerin) ihren bei­den in Deutschland wohnenden Angestellten Firmenfahrzeuge, die sie aufgrund ihrer arbeits­vertraglichen Vereinbarungen auch für Privatfahrten nutzen durften. Mit beiden Mitarbeitern war eine Eigenbeteiligung vereinbart, die jedoch lediglich von einem Mitarbeiter entrichtet worden war. Das Finanzamt ging im Gegensatz zur Klägerin davon aus, dass die private Kfz-Nutzung in Deutschland der Umsatzbesteuerung unterliegt.

Derzeitige Auffassung der deutschen Finanzverwaltung

Nach Auffassung der deutschen Finanzverwaltung stellt die Überlassung eines Fahrzeugs auch zu Privatzwecken regelmäßig eine entgeltliche sonstige Leistung dar, wobei die Gegen­leistung des Arbeitnehmers in seiner anteiligen Arbeitsleistung besteht. Dies soll insbeson­dere dann gelten, wenn die Nutzung des betrieblichen Fahrzeugs zu Privatzwecken im Ar­beitsvertrag geregelt ist (vgl. Abschnitt 15.23 Abs. 8f UStAE). Die Leistung wird als entgeltli­che Vermietung eines Beförderungsmittels angesehen, deren umsatzsteuerli­cher Ort sich bei langfristiger Überlassung am Wohnsitz des Mitarbeiters befindet (vgl. Abschnitt 3a.5 Abs. 4 UStAE). Die private Kfz-Nutzung ist somit dort zu besteuern, wo der Mitarbeiter wohnt.

Entscheidung des BFH

Der BFH kommt zum Ergebnis, dass die im Urteilsfall vorliegende Fahrzeugüberlassung als Vermietung eines Beförderungsmittels in Deutschland der Umsatzbesteuerung unterliegt. Er bestätigt somit die Meinung der deutschen Finanzverwaltung.

Der BFH führt aus, dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Fahrzeugüberlas­sung zu Privatzwecken und der (teilweisen) Arbeitsleistung der Mitarbeiter im Rahmen eines tauschähnlichen Umsatzes besteht. Dieser unmittelbare Zusammenhang ergibt sich aus der im Anstellungsvertrag individuell vereinbarten Nutzungsüberlassung. Hierbei bezieht sich der BFH auf die Rechtsprechung des EuGH, nach der sich ein Entgelt auch aus einer Sach­leistung ergeben kann. Die Fahrzeugüberlassung zu Privatzwecken ist somit als entgeltli­cher Vorgang zu würdigen, wenn sie arbeitsvertraglich geregelt ist.

In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des EuGH (C-288/19, Urteil vom 20.1.2021) ist die entgeltliche Fahrzeugüberlassung, bei der dem Mitarbeiter das Fahrzeug dauerhaft auch für seinen privaten Bedarf zur Verfügung steht, als langfristige Vermietung eines Beförde­rungsmittels zu beurteilen. Die Zahlung des Mietzinses ergibt sich durch die Sachvergü­tung aus der im unmittelbaren Zusammenhang mit der Fahrzeugüberlassung zu erbringen­den Arbeitsleistung. Der umsatzsteuerliche Ort dieser Vermietungsleistung befindet sich am Wohnsitz des Arbeitnehmers (vgl. § 3a Abs. 3 Nr. 2 S. 3 UStG).

Bei tauschähnlichen Umsätzen gilt der Wert jedes Umsatzes als Entgelt für den anderen Umsatz. Er umfasst alle Ausgaben, die der Empfänger der jeweiligen Leistung aufwendet, um die Leistung zu erhalten. Soweit der Wert nicht ermittelt werden kann, ist er zu schätzen. Der BFH beanstandet es im Interesse einer erleichterten Ermittlung der Bemessungsgrund-lage nicht, wenn anstelle der Ausgaben von den lohnsteuerlichen Werten ausgegangen wird und aus diesen die Umsatzsteuer herausgerechnet wird. Somit bestätigt er auch die bis­herige Handhabung im Rahmen der Vereinfachung.

Folgen für die Praxis

Auswirkungen ergeben sich insbesondere dann, wenn Arbeitnehmer, denen eine Fahrzeug auf arbeitsvertraglicher Grundlage auch zu Privatzwecken überlassen wird, nicht im Ansäs­sigkeitsstaat ihres Arbeitgebers wohnen.

Demnach ist wie folgt zu unterscheiden:

  • Ausländische Unternehmen, die ihren in Deutschland wohnenden Arbeitnehmern ein Fahrzeug auch zu Privatzwecken zur Verfügung stellen, müssen die Privatnutzung in Deutschland der Umsatzsteuer unterwerfen. Dies kann im Rahmen einer umsatz-steuerlichen Registrierung in Deutschland oder - soweit die Voraussetzungen erfüllt sind – im besonderen Besteuerungsverfahren (sog. One-Stop-Shop) erfolgen. Die bislang vor dem Hintergrund der anhängigen Gerichtsverfahren in dieser Frage offen gehaltenen Veranlagungen können nun erledigt werden.
  • Deutsche Unternehmen, die ihren im ausländischen Grenzgebiet wohnenden Mitar­beitern ein Fahrzeug aufgrund einer arbeitsvertraglichen Regelung auch zu Privat­zwecken zur Verfügung stellen, unterliegen mit diesen Umsätzen nicht der deutschen Umsatzbesteuerung. Sie müssen im jeweiligen Wohnsitzstaat des Arbeitnehmers prüfen, ob nach den dortigen nationalen Regelungen bzw. vor dem Hintergrund der vorgenannten EuGH-Rechtsprechung eine Umsatzbesteuerung in Betracht kommt.

Bei Rückfragen können Sie sich gerne an Ihre gewohnten Ansprechpartner oder an die Autorin Birgit Bachmeyer wenden.


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