Berichtigung des Vorsteuerabzugs bei (Weiter-) Veräußerung eines steuerpflichtig verwendeten Grundstücks

Das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht hat sich in dem vor Kurzem veröffentlichten Urteil vom 2. März 2022 (Az. 4 K 38/19) mit den umsatzsteuerlichen Konsequenzen einer (Weiter-)Veräußerung eines baureif gemachten Grundstücks, das als Zwischennutzung zur Aufstellung von Werbeflächen verwendet wurde, auseinandergesetzt.

Sachverhalt:

  • K erwarb mit notariellem Kaufvertrag vom 22. September 2005 ein unbebautes Grundstück unter Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung.
  • Die Umsatzsteuer aus dem Kauf führte K ab und zog diese gleichzeitig in voller Höhe als Vorsteuer ab. K machte geltend, das Grundstück bebauen und für eine langfristige umsatzsteuerpflichtige Vermietung nutzen zu wollen.
  • Das unbebaute Grundstück veräußerte K umsatzsteuerfrei nebst Planungsleistungen und bereits vorab geschlossener Gewerberaummietverträge an die F-KG mit insgesamt drei unter der aufschiebenden Bedingung der Erteilung der Baugenehmigung für den Neubau eines Quartiers mit Wohnungen, Gewerbeflächen, Mikroappartements und Tiefgarage sowie Wohnungen für Studenten und Auszubildende abgeschlossenen Verträgen.
  • Die Veräußerungsverträge wurden im Jahr 2016 mit der Erteilung der Baugenehmigung wirksam.
  • In den Jahren 2006 bis 2016 erzielte K durch die entgeltliche Gestattung der Aufstellung von Werbemedien auf dem Grundstück bereits umsatzsteuerpflichtige Umsätze mit dem unbebauten Grundstück.
  • K wies das Grundstück bis zum 31. Dezember 2012 sowie zum 31. Dezember 2015 im Anlagevermögen als Sachanlage aus.
  • Auffassung Finanzamt: Aufgrund der umsatzsteuerfreien Veräußerung sei im Jahr 2016 eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a Abs. 2 UStG (= Vorsteuerberichtigung in voller Höhe bei einem Wirtschaftsgut, das nur einmalig zur Ausführung eines Umsatzes verwendet wird) durchzuführen.
  • Auffassung K:
    • Die Voraussetzungen einer Steuerberichtigung gemäß § 15a UStG seien nicht gegeben, da die Veräußerung als Geschäftsveräußerung im Ganzen eines im Aufbau befindlichen Vermietungsunternehmens zu qualifizieren sei.
    • Außerdem sei die Berichtigungsvorschrift des § 15a Abs. 2 UStG nicht einschlägig. K ging von einem Berichtigungsobjekt nach § 15a Abs. 1 UStG (= zeitanteilige Vorsteuerberichtigung bei einem Wirtschaftsgut, das nicht nur einmalig zur Ausführung eines Umsatzes verwendet wird) aus, da er das Grundstück bis zur Veräußerung für umsatzsteuerpflichtige Umsätze verwendet habe (Vermietung für Werbezwecke). Der 10-jährige Berichtigungszeitraum gem. § 15a Abs. 1 Satz 2 UStG sei im Zeitpunkt der Veräußerung bereits abgelaufen, sodass eine Berichtigung nach § 15a UStG ausscheide.

Die wesentlichen Punkte der Entscheidung:

  • Das FG ging aufgrund der umsatzsteuerfreien Veräußerung von einer Vorsteuerberichtigung nach § 15a Abs. 2 UStG in voller Höhe aus.
  • Nach Auffassung des FG sei K nach den objektiv zutage getretenen Verhältnissen als Grundstückshändler und Projektentwickler und damit in bauträgerähnlicher Weise und nicht als Vermietungsunternehmer aufgetreten. Die Herstellung der Baureife und der Abschluss der Gewerberaummietverträge seien auf eine bessere Vermarktung eines Bauobjekts und nicht auf eine nachhaltige Vermietungstätigkeit gerichtet gewesen.
  • Es liege keine berichtigungsneutrale Geschäftsveräußerung eines im Aufbau befindlichen Vermietungsunternehmens gem. § 1 Abs. 1a UStG vor. Denn K habe im Veräußerungszeitpunkt weder eine nachhaltige Vermietungstätigkeit betrieben noch einen auf Vermietung gerichteten unternehmerischen Nutzungszusammenhang geschaffen. Der Veräußerungsgegenstand sei daher nicht als von der Erwerberin fortgeführtes Vermietungsunternehmen zu qualifizieren.
  • Für die Abgrenzung der Vorsteuerberichtigungstatbestände gem. § 15a Abs. 1 UStG und § 15a Abs. 2 UStG kommt es nach Auffassung des FG nicht entscheidend auf die im Zeitpunkt des Bezugs des Wirtschaftsgutes gebildete Verwendungsabsicht und/oder dessen Bilanzierung, sondern auf die tatsächliche Verwendung des Wirtschaftsgutes an.
  • Die bis zur Veräußerung des Grundstücks erzielten Umsätze aus der Aufstellung von Werbemedien auf dem Grundstück ordnete das FG als für die Abgrenzung der Berichtigungstatbestände gem. § 15a Abs. 1 und Abs. 2 UStG unmaßgebliche Hilfsumsätze ein.
  • Die Grundstücksveräußerung stufte das FG als ersten Verwendungsumsatz des Wirtschaftsguts Grundstück ein.
  • Die Revision ist beim BFH unter dem Az. XI R 10/22 anhängig.

Fazit:

Es bleibt abzuwarten, wie der Bundesfinanzhof in diesem Fall entscheiden wird. Generell gilt jedoch, dass Unternehmer bereits bei Erwerb eines Grundstücks genau überlegen sollten, wie das Grundstück zukünftig verwendet werden soll und ob beim Grundstückskauf auf die Umsatzsteuerbefreiung verzichtet werden soll.

Bei der umsatzsteuerfreien Veräußerung eines Grundstücks droht die (anteilige / vollständige) Rückzahlung der bei Erwerb oder der Herstellung der Immobilie abgezogenen Vorsteuern. Es ist daher zu prüfen, ob eine berichtigungsneutrale Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliegt oder ob eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG durchzuführen ist. Des Weiteren ist zwischen den unterschiedlichen Vorsteuerberichtigungstatbeständen des § 15a UStG abzugrenzen. Bei Wirtschaftsgütern, die nicht nur einmalig zur Ausführung von Umsätzen verwendet werden, kommt es nur zu einer zeitanteiligen Vorsteuerberichtigung, sofern der Berichtigungszeitraum nicht abgelaufen ist (§ 15a Abs. 1 UStG). Dagegen gilt für nur einmalig für Umsätze verwendete Wirtschaftsgüter ein unbegrenzter Berichtigungszeitraum, sodass die Vorsteuerberichtigung im Jahr der Grundstücksveräußerung in voller Höhe vorzunehmen ist (§ 15a Abs. 2 UStG).

In vielen Fällen kann es zudem sinnvoll sein, bei der Weiterlieferung des Grundstücks auf die Umsatzsteuerbefreiung zu verzichten. Sofern nicht völlig klar ist, ob der Verkauf des Grundstücks eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen (§ 1 Abs. 1a UStG) ist, bietet es sich an, eine unbedingte Option zur umsatzsteuerpflichtigen Grundstücksveräußerung in den notariellen Kaufvertrag aufzunehmen.

Sofern Sie weitere Fragen haben können Sie sich gerne an Ihre gewohnten Ansprechpartner oder den Autor, Sven Janken, wenden.

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