To the moon and back
– Über die Kostenfallen beim Einsatz von Influencern & Co.
Die Geschichte ist schnell erzählt, aber teuer:
Er ist Unternehmer, betreibt ein großes mittelständisches Unternehmen, entwickelt hervorragende Produkte, aber das Marketing klemmt noch. Sein Unternehmen nimmt noch nicht so richtig fahrt auf und er entschließt sich bei der Werbung ein wenig aufs Gaspedal zu drücken und sich professionelle Unterstützung zu holen.
Sie ist eine berühmte Influencerin, lebt im Ausland und fasziniert das Publikum. Ihre Follower kleben förmlich am Bildschirm und verfolgen jeden Post und jede Story.
Die beiden kommen in Kontakt. Die Zusammenarbeit erscheint sinnvoll und bringt für beide Seiten Vorteile. Das Honorar ist schnell verhandelt – siebenstellig. Die Werbemaßnahme war erfolgreich. Man geht wieder getrennte Wege.
Das Problem?
Die Betriebsprüfung kündigt sich an. Auch hier ist die Werbekampagne bekannt und bei der Prüfung schaut man gerne etwas genauer hin. Und wie schon ein altes Sprichwort sagt: "Wer suchet, der findet". Die Feststellung der Betriebsprüfung am Ende ist erheblich, nämlich 15 % des Honorars.
Was war passiert?
Ein Blick ins Internet zeigt, dass sich die Werbung und das Marketing heute grundlegend geändert haben. Immer mehr Menschen geben über Soziale Medien Einblicke in ihr Leben, teilen ihre Erfahrungen, äußern sich und nehmen zu aktuellen Themen Stellung. Influencer erreichen damit Millionen von Interessierten und verbuchen teils beträchtliche Umsätze, vor allem dann, wenn sie für Unternehmen im Onlinemarketing aktiv sind. Es verwundert von daher nicht, dass die Besteuerung von Influencern und Werbeträgern immer stärker in den Fokus der Finanzverwaltung rückt und sich daraus zahlreiche Streitthemen ergeben.
Es beginnt bei der Steuerpflicht. Sind Influencer und Werbeträger im Inland ansässig, unterliegen sie in Deutschland mit ihren Einkünften der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht. Sind sie hingegen im Ausland ansässig, sind sie mit ihren im Inland erzielten Einkünften steuerpflichtig. Im ersten Fall ist den Beteiligten häufig gar nicht bewusst, was der deutsche Fiskus alles als Einkünfte ansieht. Gratisprodukte sind Einkünfte? Möglich! Im zweiten Fall scheitert es oft schon an dem Bewusstsein, dass Einkünfte inländisch und damit in Deutschland steuerpflichtig sind. Und hier nimmt der Fiskus oft die Unternehmen in die Verantwortung – da sie diejenigen sind, die für den Steuerabzug verantwortlich sind.
Weiterer Streitpunkt ist die Einordnung der Tätigkeiten. Stellen diese Einnahmen/Einkünfte aus Gewerbebetrieb dar, sind sie als Einkünfte aus selbstständiger Arbeit zu sehen oder sogar als sonstige Einkünfte, die unter der Freigrenze des § 22 Nr. 3 EStG liege? Die Einordnung der Einkünfte hat wesentliche Folgen. Zum einen spielen die Gewerbesteuerpflicht und die IHK-Beitragspflicht eine Rolle. Zum anderen sind Liquiditätserwägungen relevant. Übt ein Werbeträger mehrere Tätigkeiten aus, erfolgt entweder eine getrennte oder eine einheitliche Beurteilung. Das heißt in der Praxis, dass es Sinn macht, bei natürlichen Personen, die sowohl gewerbliche als auch freiberufliche Einkünfte erzielen, eine Trennung nachzuweisen. Eine einheitliche Erfassung ist nur dann geboten und sinnvoll, wenn die Tätigkeiten sich gegenseitig bedingen und miteinander verflochten sind. Insoweit bedarf es einer genauen Beurteilung der Tätigkeit.
Für den Werbeträger selbst sind geleistete Sachzuwendungen, insbesondere Gratisprodukte, ein Stolperstein. Sie führen grundsätzlich zu Betriebseinnahmen, da sie durch den Betrieb veranlasst sind. Dies gilt nicht, wenn die Zuwendungen zurückgegeben werden müssen oder einen nur sehr geringen Wert haben.
Werden Sachzuwendungen gewährt, kann das zuwendende Unternehmen von der Vereinfachungsregelung des § 37b EStG Gebrauch machen. Die Sachzuwendung kann dann unter bestimmten Voraussetzungen pauschal mit einem Steuersatz von 30 % besteuert werden, die das Unternehmen übernimmt. Auf die steuerliche Behandlung dieser Sachzuwendungen sollte insbesondere bei der Vereinbarung entsprechender Verträge und der Kalkulation des Honorars geachtet werden. Für das Unternehmen bedeutet diese Pauschalbesteuerung – will man sich für Betriebsprüfungen wappnen – eine steuerliche Mehrbelastung.
Hat der Influencer seinen Wohnsitz nicht im Inland, kann die Zuwendung von Geld oder Sachleistungen beim auftraggebenden Unternehmen der Steuerabzugspflicht nach § 50a Abs. 1 Nr. 1 EStG unterliegen. Das ist dann der Fall, wenn die Tätigkeit künstlerisch, sportlich, artistisch, unterhaltend oder eine ähnliche Darbietung ist.
Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist insbesondere der Anwendungsbereich der „ähnlichen Darbietung“ sehr weit zu fassen und führt in der Betriebsprüfungspraxis zu vielfachen Auseinandersetzungen. Daneben kommt es wesentlich darauf an, dass die maßgebliche Tätigkeit im Inland ausgeübt wird. In diesem Zusammenhang bietet es sich an, gerade bei nicht ortsgebundenen Influencer- und Werbeträgertätigkeiten den Ausübungsort vertraglich zu dokumentieren und entsprechende Nachweise zu führen. Diese Vereinbarungen müssen dann im Rahmen von Betriebsprüfungen durchgesetzt werden.
Ebenso ergeben sich Probleme hinsichtlich der umsatzsteuerlichen Beurteilung. Werbeträger und Influencer üben ihre Tätigkeit regelmäßig unternehmerisch aus. Sie sind nach allgemeinen Regeln Unternehmer, daher umsatzsteuerpflichtig und zur Abgabe der entsprechenden Umsatzsteuererklärungen verpflichtet.
Auch in Fällen, in denen für ein bestimmtes Produkt geworben wird und Influencer beispielsweise Reisen, Gratisprodukte oder Dienstleistungen erhalten, verwirklichen Sie einen tauschähnlichen Umsatz nach § 3 Abs. 12 Satz 2 UStG, der umsatzsteuerpflichtig ist. Im Kontext dieses tauschähnlichen Umsatzes ist regelmäßig zu prüfen, welchen Wert die zur Verfügung gestellten Produkte haben. Sofern das auftraggebende Unternehmen dem Leistenden die Produkte für die Ausführung der gewünschten Leistung zur Verfügung stellt, dürfte es sich um eine so genannte Beistellung handeln. Sie löst keinen tauschähnlichen Umsatz aus und zieht keine umsatzsteuerlichen Folgen nach sich. In der Praxis, insbesondere bei Auseinandersetzungen mit Umsatzsteuersonderprüfungen, ist die Abgrenzung schwierig und streitbefangen. Voraussetzung ist insoweit immer eine saubere Fassung der vereinbarten Leistung und eine entsprechende Dokumentation, wie die Gegenstände verwendet werden dürfen sowie deren tatsächliche Handhabung.
Und was bedeutet das jetzt für unseren Eingangsfall?
Der Unternehmer hätte auf die Vergütung der engagierten Influencerin Steuern einbehalten und abführen müssen. Das hat er nicht getan und so nimmt ihn die Betriebsprüfung jetzt nachträglich in die Pflicht, denn nach dem Gesetz haftet er für diese Steuern. Gerade bei hohen Honoraren ist die Steuer nicht zu unterschätzen. Ein Anspruch gegenüber der Influencerin besteht erst einmal nicht, denn dafür bedarf es besonderer Klauseln, die in den Verträgen festgeschrieben sein müssen. Hätte der Unternehmer zu Beginn der Zusammenarbeit an den Steuereinbehalt und die Abzugsbesteuerung gedacht, hätte er sich viel Ärger und bares Geld sparen können.
In der Beratungspraxis sind Influencer, Werbeträger und beauftragende Unternehmen gleichermaßen gefordert, die Anforderungen zu meistern, die die sozialen Medien mit sich bringen. Insbesondere, da die Übergänge vom Unternehmer zum Private Client fließend sind.
Wie wir Sie unterstützen können:
Für Werbeträger/Influencer
- Beratung im nationalen und internationalen Steuerrecht
- Beratung im Rahmen von Vertragsverhandlungen mit Auftraggebern
- Umsatzsteuerrechtliche Beurteilung von Leistungsbeziehungen
- Beratung im Rahmen von Betriebsprüfungen und Sonderprüfungen
- Abwehr unberechtigter Steueransprüche im Einspruchs- und Klageverfahren
- Vermögensstrukturierung und Vermögenssicherung durch Einsatz von Gesellschaften
Für das beauftragende Unternehmen
- Beratung im nationalen und internationalen Steuerrecht
- Begleitung von Steueranmeldungen im internationalen Steuerverkehr
- Umsatzsteuerliche Beurteilung von Leistungsbeziehungen mit Werbeträgern
- Beratung im Rahmen von Betriebsprüfungen und Sonderprüfungen
- Abwehr unberechtigter Steueransprüche im Einspruchs- und Klageverfahren
Für weitere Fragen stehen Ihnen Ihre gewohnten Ansprechpartner sowie die Autoren, Frau Steuerberaterin Linda Menke sowie Herr Rechtsanwalt und Steuerberater Frederik Karnath, gerne zur Verfügung.