Vertrauensschutz adé? Die Gemeinden tanzen bei der Erhebung der Gewerbesteuer aus der Reihe…
Die Beanstandung des Bundesverfassungsgerichts über die Höhe des Zinssatzes i.S.d. § 238 AO hat den Gesetzgeber unter Zugzwang gesetzt. Als Reaktion wurde das „Zweite Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung“ verabschiedet, indem unter anderem der Zinssatz für die Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen rückwirkend ab dem 01. Januar 2019 von 6% p.a. auf 1,8 % p.a. angepasst wurde.
Aufgrund der Rückwirkung werden daher von Seiten der Finanzverwaltung und der Gemeinden alle „offenen“, d.h. noch änderbaren Zinsfestsetzungen nach der neuen gesetzlichen Regelung angepasst. Dabei ist jedoch die Regelung des § 176 AO zu beachten, der das Vertrauen des Steuerpflichtigen in die Gültigkeit einer Rechtsnorm, der Rechtsprechung eines obersten Gerichtshofs des Bundes oder einer allgemeinen Verwaltungsvorschrift schützen soll.
Nach Meinung der Finanzverwaltung (BMF-Schreiben vom 22.07.2022, IV A 3 - S 1910/22/10040 :010, Tz. 22) kann sich aufgrund der rückwirkenden Senkung des Zinssatzes keine Rückforderung ergeben, wenn bisher nur Erstattungszinsen festgesetzt worden waren. Dies gilt unabhängig davon, ob diese Zinsen bei Inkrafttreten der Neuregelungen vorläufig festgesetzt waren oder nicht.
Die Finanzämter halten sich nach unserem Überblick auch an diese Regelung. Die Gemeinden erlassen jedoch korrigierte Bescheide mit Rückforderungen über Gewerbesteuerzinsen, obwohl die Vorschrift des § 176 AO gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AO auch für die von den Gemeinden verwaltete Gewerbesteuer gilt. Da eine abweichende Regelung in den Kommunalabgabengesetzen nicht ersichtlich ist, findet die Vertrauensschutzregelung des § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO u.E. Anwendung, sodass eine Rückforderung rechtswidrig wäre.
Wir empfehlen in diesen Fällen Einspruch einzulegen.
Sofern Sie weitere Fragen haben können Sie sich gerne an Ihre gewohnten Ansprechpartner oder den Autor Patrick Harz wenden.