Pflicht zum Tax Compliance Management System?
– Die steuerliche Reichweite des Whistleblowerschutzes

Zum 2.7.2023 ist das sog. Hinweisgeberschutzgesetz in Kraft getreten. Mit diesem sollen Personen, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit Informationen über Verstöße erlangt haben und diese melden geschützt werden. Das Gesetz verbietet jegliche Repressalien gegenüber den Whistleblowern und verpflichtet Unternehmen sichere Kanäle für die Meldung von Missständen einzurichten.

Der Anwendungsbereich des Gesetzes ist in persönlicher und sachlicher Hinsicht weit gefasst. Es erfasst sämtliche Personen, die potentiell Kenntnis von einem Verstoß im beruflichen Umfeld erlangt haben können. Die Pflicht zur Einrichtung interner Meldestellen betrifft natürliche und juristische Personen des privaten Rechts, rechtsfähige Personengesellschaften und sonstige rechtsfähige Personenvereinigungen mit regelmäßig mindestens 50 Beschäftigten. Die Frist zu Einrichtung einer Meldestelle endet für private Unternehmen am 17.12.2023. Als Konsequenz für etwaige Verfehlungen sieht das Gesetz ein Bußgeld von bis zu 50.000 € vor.

Unternehmen sind vom Anwendungsbereich des Gesetzes an vielen Stellen betroffen, da es sowohl Straftaten als auch Ordnungswidrigkeiten erfasst. Im Wirtschaftsleben dürften insbesondere Steuerhinterziehung, Betrug, Untreue und Korruptionsstraftaten oder Geldwäschedelikte sowie Verstöße gegen Rechnungslegungsvorschriften im Fokus stehen.

Unter steuerlichen Gesichtspunkten sind insbesondere die Regelungen § 2 Abs. 1 Nr. 6 und Nr. 7 HinSchG hervorzuheben. Sie erfassen zu meldende Verstöße gegen steuerliche Rechtsnormen, die bei Körperschaften und Personenhandelsgesellschaften gelten. Dies ist regelmäßig der eigentliche steuerstraf- steuerordnungsrechtliche Vorwurf, bspw. die Nichtanmeldung von Umsatzsteuern.

Darüber hinaus wird der Anwendungsbereich in zeitlicher Hinsicht erweitert und erfasst bereits Verstöße aufgrund von Vereinbarungen, die darauf abzielen sich in missbräuchlicher Weise einen steuerlichen Vorteil zu verschaffen und den für Körperschaften und Personengesellschaften geltenden Besteuerungsprinzipien zuwiderlaufen. Die Regelung setzt mithin bereits bei der Vereinbarung als solche und nicht erst bei deren Umsetzung an.

Die Anforderung eröffnet daher einen weiten Auslegungsspielraum in welchen Fällen ein meldepflichtiger Verstoß gegeben ist. Ein besonderes Augenmerk dürfte allerdings auf einem etwaigen steuerlichen Gestaltungsmissbrauch liegen, der von § 42 AO erfasst wird. Ein steuerlicher Gestaltungsmissbrauch liegt vor, wenn durch die Wahl einer unangemessenen rechtlichen Gestaltung, die nicht auf beachtlichen außersteuerlichen Gründen beruht, ein gesetzlich nicht vorgesehener Steuervorteil eintritt. Für Unternehmen zu beantworten ist:

  • Wann schlägt die zulässige Gestaltung in eine unangemessene rechtliche Gestaltung um?
  • Was sind akzeptierte außersteuerliche Gründe für eine Gestaltung?
  • Ist die Sachlage im Unternehmen entsprechend gesichert und die Entscheidungsgrundlage hinreichend dokumentiert?
  • Führt eine unangemessene Gestaltung zwingend zu einem strafbaren Verstoß und Strafvorwurf?
  • Wie kann sich der Unternehmer effektiv vor dem Strafvorwurf schützen?

Unternehmen sollten daher neben der Einrichtung des Hinweisgeberschutzsystems daran denken entsprechende Tax Compliance Strukturen einzurichten oder vorhandene Strukturen zu aktualisieren, um die Einhaltung der entsprechenden Steuervorgaben sicherzustellen, Risiken im Vorfeld zu erkennen und entsprechend zu entschärfen.

Darüber hinaus sollte gewährleistet werden, dass auch bei außersteuerlichen Verstößen z.B. Untreuesachverhalten oder Betrugsvorwürfen etwaige steuerliche Folgen in den Blick genommen und entsprechenden Korrekturen veranlasst werden können.

Bei Fragen zum Thema können Sie sich gern an den Autor Frederik Karnath sowie Ihre gewohnten Ansprechpartner wenden.

Beste Grüße

Dipl.-Finanzwirt (FH) Frederik Karnath


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